Labor

Labor 1 // time matters – mediatisierte Zeit in Tutorial-Videos

Nadia Bader // Notburga Karl | time matters – mediatisierte Zeit in Tutorial-Videos

Mit dem Fokus auf den Aspekt mediatisierter Zeit fragen wir nach dem Verhältnis zwischen den zumeist kurzen, komprimierten Zeit-Räumen der Rezeption von Tutorial-Videos und einer bildenden Zeitdauer (durée). Wenn Bildung Echtzeit braucht, stellt sich u.a. die Frage, wie sich digitale Zeiträume in materiell involvierende Zeit-Räume zurückverwandeln lassen. Im Rahmen aktueller Lehrentwicklungen (Distance Learning) lohnt sich dahingehend eine genauere Untersuchung.

Tutorial-Videos, die mit Erfolgsgarantie werben – z. B. zum perspektivisch »richtigen« Zeichnen – suggerieren Verständlichkeit, Machbarkeit und einen schnellen, selbstbestimmten Zugriff auf deren Lerninhalte (z. B. durch Fast Forward, Pause, Wiederholung). Zugleich kann die damit einhergehende Effektivitätslogik einer unreflektierten Reproduktion impliziter, normativer Vorstellungen Vorschub leisten. Die Frage nach dem Wie der Darstellung kann dahingehend eine medial sensibilisierte, repräsentationskritische Sichtweise eröffnen. Kunstwerke, wie »Sunscreenpill« von Sandra Vaka Olsen (2014), können auf rezeptionsästhetischer Ebene verdeutlichen, die (schauenden) Subjekte sich mit all ihrem Begehren und ihren blinden Flecken im Bild wiederfinden. Beispielsweise schiebt sich bei Olsen die inszenierte indexikalische Spur eines schmutzigen Fingers immer wieder störend ins Bewusstsein. So entpuppt sich die »fehlerhafte« Nachlässigkeit gerade in der Bildstörung als bildend, weil sie den Fokus der Wahrnehmung zwischen Material- und Bildförmigkeit umspringen lässt. Im Sinne einer transformatorischen Bildungstheorie sind solche Wahrnehmungsbrüche potenziell ermächtigender als z. B. die symbolische Form der Perspektive selbst und ermöglichen eine kritische Auseinandersetzung damit.

Im Labor versuchen wir u. a. mit künstlerisch-experimentellen Mitteln, andere Bildungspotentiale in Tutorial-Videos aufzudecken und mediatisierte Zeit-Räume der Rezeption als bildende Zeitdauer (durée) mitzudenken.

Labor 2 // Kritik – Kontrolle – Korruption. Künstlerische Praxis unter postdigitalen Bedingungen

Patrick Bettinger // Torsten Meyer // Konstanze Schütze // Manuel Zahn | Kritik – Kontrolle – Korruption. Künstlerische Praxis unter postdigitalen Bedingungen

Das Labor untersucht Veränderungen tradierter Konzepte und Bezugspunkte kunst- und erziehungswissenschaftlicher Theoriebildung vor dem Hintergrund postdigitalen Wandels aus kunst- und medienpädagogischer Perspektive. Anhand von Materialuntersuchungen und Begriffsdiskussion an Videoessays der Post-Internet Art werden Fragen danach aufgeworfen, wie sich aktuelle künstlerisch-ästhetische Praktiken und Bildungsprozesse erforschen lassen.

Angesichts einer zunehmend komplexen, digital-vernetzten und algorithmisch durchdrungenen Kultur haben wir es gesellschaftlich mit einem neuen Orientierungsproblem zu tun, das Dirk Baecker (2018) als »Sinnüberschuss« bezeichnet. Gleichsam kommen tradierte Konzepte des individuellen Verstehens, der Bewertung und der Kritik, die lange Zeit als wichtige Bezugspunkte erziehungswissenschaftlicher Theoriebildung galten, an ihre Grenzen. Damit stehen nicht nur zentrale bildungstheoretische Konzepte inkl. ihrer normativen Vorstellungen, sondern auch Bildungsinstitutionen in Frage (vgl. Baecker 2018; Seemann 2014).

Für den hier zugrundeliegenden Forschungszusammenhang »Post-Internet Arts Education« (piaer.net) sind weiterführend Fragen danach aufgeworfen, wie die Medien- und Kunstpädagogik postdigitale Kunst und Medienkultur erforschen und beschreiben kann. Wie verändern sich ästhetische Praktiken und Bildungsprozesse? Welche Begriffe und damit in Verbindung stehende theoretische Ansätze stehen für die Beschreibung dieser Prozesse zur Verfügung?

Ausgehend von künstlerischen Video-Essays sowie aktueller jugendkultureller Medienpraktiken (z.B. Cultural Hacking) wird das Labor dem Begriff der Kritik weitere Begriffe und theoretische Ansätze wie »Kontrolle« oder künstlerische Re-Definitionen von »Korruption« im Sinne eines geschickten Umgangs mit digitaler Kultur an die Seite oder gegenüberstellen. Nach kurzen Impulsen wollen wir mit den Teilnehmenden zusammentragen, welche widerständigen und gestaltenden Praktiken wir mit den vorgeschlagenen Begriffen beschreiben können und diskutieren, welche neuen Verhältnisse von Autonomie und Heteronomie und welche Dynamiken der (De-)Subjektivierung in der Auseinandersetzung mit postdigitaler Kultur zum Ausdruck kommen.

Labor 6 // Chocho Studio Reshaping the Face

Echo Can Luo | Chocho Studio Reshaping the Face

Chocho studio reshaping the face is a research-based 3-channel video installation. The virtual Labor will be carried out in the Mozilla Hubs and launch a series of activities in the form of Chocho virtual clinic.

The themes of the labor will involves the algorithms, including 3D modelling, 3D Photogrammetry and face tracking. In addition, the artist will talk about the observation of algorithm bias in the process of applying and testing the software as well as the influence of discrimination and bias on real-life situations and data.

Science and technology extend the lifespan of mankind and Machine learning is expected to help humans evolve even in the field of plastic surgery. However, plastic surgeons must be aware that the artificial intelligence (AI) could create a biased view on patients, instead of promoting objectivity. Social media enable us to communicate in multiple ways, which changes physical distance in a sense, but should they beautify faces through their filters? Is there bias in algorithms behind them?

Behind the development of AI by relevant programmers, we also require transparency and fairness  data and algorithms. Is women’s control of their self-images gradually weakened in the world of digital media? From the perspective of critical thinking, restrictions of virtual reality and AI technology on women will be specially highlighted. Besides, it is hoped that women and minority groups can be encouraged not to be affected by invisible digital bias.

Implementation of the online Labor

The online Labor will be simulated in the Mozilla Hubs (the URL Link will publish before the program starts). The audiences can log in the virtual Labor with URL by using the browser.

They will have 40 minutes free time to visit the exhibition room and research corridor, including watching videos and reading cases. After the exhibition tour, the artist will give a relevant lecture in the virtual room of Mozilla Hubs. The audience can also chat with themselves. Online interactivity will strengthen the exploration of practical topics.

The maximum number of participants

Since the Chocho Labor will be launched in the Mozilla hubs room, which have a maximum capacity of 25 people in-room to ensure performance across devices. However, many more can watch from the lobby, even when the room is full. Users in the lobby can see and hear what’s going on inside the room, and can interact with others through chat.

Labor 5 // How to be a Digital Artist. Exploratives Medienkunstlabor an den Grenzen zwischen digital und analog

Christin Feldmann // Karolina Kaczmarczyk | How to be a Digital Artist. Exploratives Medienkunstlabor an den Grenzen zwischen digital und analog

Die Digitale Transformation ist nicht nur Teil der Wirtschaft, sondern auch der Bildung und Kunst und hat insofern einen enormen Einfluss auf kulturelle und künstlerische Theorien und Praktiken. Museen können auch online besucht werden, Künstler:innen kuratieren ihre Identitäten in Sozialen Medien, benutzen digitale Tools als Erweiterungen des künstlerischen Arbeitens, oder verarbeiten ihre Erfahrungen mit und Forderungen an das Internet in ihren Arbeiten. Soziale Medien, Games und andere Medien sind jedoch ein wichtiger Bestandteil der Kinder- und Jugendmedienkultur und eröffnen die Möglichkeit, wertvolle Ästhetische Erfahrungen zu machen und Medienkompetenz zu fördern. Das Zusammenspiel von Medien- und Kunstpädagogik im Rahmen von interdisziplinären Angeboten bietet die Chance, Kulturelle Bildung nachhaltig zu verändern, indem sie mehr Menschen Teilhabe an Medienkunst eröffnet.

Um relevante und aktuelle Kunst- und Mediendiskurse zu verstehen, gilt es in die Tiefe zu gehen und sie zu reflektieren. Um einen Einblick in diesen Prozess zu geben, stellt das Labor in Praxiseinheiten folgende Fragestellungen zur Debatte:

  • Was sind aktuelle künstlerische Positionen im Netz und wie funktionieren sie (z.B. die Post Internet Art)?
  • Wie kann Kunst in der Bilderflut des Internets entlarvt werden und wie kuratiert man eigene Ergebnisse in Sozialen Netzwerken und anderen digitalen Tools?
  • Wie schafft man künstlerische Arbeit und Auseinandersetzung mit Kunst durch neue Werkzeuge wie »Tagtool« und setzt diese niedrigschwellig und prozessorientiert in der Praxisarbeit mit Kindern und Jugendlichen um?

Der Workshop basiert auf den didaktischen Methoden der Ästhetischen und Künstlerischen Forschung und der handlungsorientierten Medienpädagogik und ist daher besonders für Menschen geeignet, die aus den Bereichen Kunst, Kultur und Bildung kommen und an der Schnittstelle der außerschulischen Jugendarbeit zur Kulturellen Bildung tätig sind.

Während es im ersten Teil darum geht, den Teilnehmenden eine kurze theoretische Einführung in aktuelle Diskurse und Positionen der Kunst und Medien zu geben (z.B. Post Internet Art und Kuratieren in Sozialen Netzwerken), unterliegt das Labor im zweiten Teil einem stark partizipativen Charakter. Die Teilnehmenden bekommen die Möglichkeit, »Ästhetik – Digitalität – Macht« und damit auch sich selbst mithilfe von digitalen Tools zu erforschen, indem sie in Gruppen z.B. eine digitale Liveperformance mit der App Tagtool erstellen oder ihre Ergebnisse auf ausgewählten Plattformen wie Instagram, Canva oder Kunstmatrix kuratieren.

Technik

An dem Workshop können max. 15 TuT teilnehmen. Da im Labor in Gruppen gearbeitet wird, sollte mindestens eine der folgenden Anwendungen auf den eigenen Smartphones/Tablets/PC mit einem entsprechenden Account installiert/aufgerufen sein:

  •  Instagram (hier sollte die Bereitschaft da sein, Beiträge zu veröffentlichen)
  • Canva
  • Kunstmatrix
  • Tagtool (Hinweis: Die Mulitplayer:innen-Version ist nicht kostenfrei und sollte demnach für diesen Part gekauft werden.)

Für die Umsetzung werden demnach Smartphones/Tablets/PC sowie Internet gebraucht.

Für die Arbeit und die künstlerische Umsetzung mit Tagtool brauchen die Teilnehmenden ein Apple-Tablet. Ein Pencil zum Zeichnen wird empfohlen, ist aber keine Voraussetzung. Die App Tagtool sollte vorher runtergeladen werden und ist nur für Apple Geräte verfügbar.

Labor 4 // Connecting the Dots: Von Datenproduktionsmaschinen und ambivalenten Algorithmen

Heidrun Allert // Dan Verständig | Connecting the Dots: Von Datenproduktionsmaschinen und ambivalenten Algorithmen

Wenn wir heute über Algorithmen sprechen, dann ist meist eine sehr bestimmte Form gemeint, die sich durch komplexe statistische und probabilistische Modelle auszeichnet (Matzner 2019). Was diese Algorithmen sind oder was sie machen, ergibt sich in einem komplexen Zusammenspiel von sozialen Praktiken, Materialitäten, Diskursen, Daten, mathematischen Abstraktionen und Code. Anstatt den Fokus auf einen Gegenstand zu lenken, gibt es aktuell verschiedene Strömungen, die methodologische Komplexität in Verflechtung zu denken (Kirschenbaum 2007; Chun 2017; Marino 2020). Wir finden uns damit in einer Situation, in der soziale, technologische, kulturelle und politische Phänomene sowie Problemstellungen eine hohe Dynamik bekommen haben, doch wie können die verschiedenen Phänomene a) überhaupt adäquat und systematisch adressiert werden und b) die Erkenntnisse daraus so aufbereitet werden, dass sie einen Impact für gesellschaftliche Veränderungsprozesse des Digitalen haben?

Das Labor fokussiert dabei die Frage, wie der Transfer von Forschungserkenntnissen in unterschiedliche Felder der Praxis gelingen kann. Es soll im Labor darum gehen, die Möglichkeiten von kreativen Datenpraktiken über Formen des investigativen Datenjournalismus (Forensic Architecture und Syrian Archive) hin zur Datenkritik (Dander 2014, Kitchin 2016) ausführlich zu besprechen, bestehende Ressourcen zu bündeln und innovative Wege in der Wissenschaftskommunikation zu thematisieren.

Labor 3 // Digitale Tools in der Tanzvermittlung – zwischen technischen Möglichkeiten und leiblichem Zeigezwang

Maren Zühlke // Claudia Steinberg | Digitale Tools in der Tanzvermittlung – zwischen technischen Möglichkeiten und leiblichem Zeigezwang

Beim Erproben einer eigens für die Tanzvermittlung entwickelten webbasierten App hat sich ein bedeutsames Erleben von Körperlichkeit gezeigt. Obwohl die App aus Sicht teilnehmender Jugendlicher kreative Gestaltungsprozesse unterstützt, kristallisiert sich in Zusammenhang mit der Verwendung von Videofunktionen ein bedeutsames Erleben von körperlich-medialer Exponiertheit heraus.

Im vom BMBF-geförderten Forschungsprojekt #digitanz werden digitale Dokumentations- und Archivierungsmedien im Kontext Tanzvermittlung eingesetzt. Wir fragen danach, wie sich Lehr- und Lernverhalten durch die digitale Unterstützung verändert. Insbesondere der Einsatz einer eigens entwickelten App (lite.digitanz.de) zur Unterstützung der kreativen Bewegungsfindung nach dem Modell »Bring your own device« wurde untersucht (Steinberg et al., 2020). Aus Post-Digitaler-Perspektive entstehen neue Betrachtungsweisen der eigenen Realität eines jeden Individuums (Jörissen et al. 2019). Die Analysen zeigen, dass die Praktiken des Filmens und der Umgang mit Videomaterial in den Mittelpunkt rücken und Schüler:innen eine körperlich-mediale Exponiertheit als bedeutsam thematisieren. Die Ergebnisse unseres Projekts dokumentieren, dass ein erlebter Zeigezwang das Improvisieren von tänzerischen Bewegungen beeinflusst und bereits bestehende Hemmungen verstärkt, wenn diese mit Videoaufnahmen verknüpft werden. Durch die Kameraaufnahme wird ein Gestaltungsruck innerhalb einer »kreativen« Produktivität erlebt. Es entstehen somit neben neuen digitalen Möglichkeiten der Speicherung und damit verbundenen Erinnerungsfunktion von gestalteter Bewegung auch Einschränkungen. Im Labor wollen wir nach einer praktischen Phase des Erprobens der App lite.digitanz.de, die digitalen Erfahrungen sammeln und diskutieren.